Neues Erbrecht ab 2023: Was sich ändert
Die Revision des über 100-jährigen Erbrechts führt zu einigen Anpassungen, welche unter anderem dazu führen, dass der Erblasser künftig freier in Bezug auf die Verteilung seines Nachlasses ist. Das neue Erbrecht gestaltet sich insofern flexibler, schränkt den Erblasser weniger in seiner Verfügungsfreiheit ein und gleicht bisherige Unausgewogenheiten zwischen Ehegatten im Scheidungsverfahren aus. Wir erläutern die wichtigsten Neuerungen.
von Damian Müller, Zurich
Oct 06 2022
<p><strong>Was verändert sich?</strong><br></p><p>Die Pflichtteile der Kinder werden von ¾ auf ½ des gesetzlichen Erbanspruchs reduziert und der Pflichtteil der Eltern entfällt vollständig. Somit sind nur noch der Ehegatte und die Nachkommen pflichtteilsgeschützt. Dadurch vergrössert sich der verfügbare Teil, welcher der Erblasser beliebig verteilen kann. Sollen beispielsweise die Eltern trotzdem beerbt werden, ist dies somit nach wie vor auf freiwilliger Basis möglich. Sind keine Nachkommen oder Ehepartner vorhanden, kann der Erblasser über seinen gesamten Nachlass frei, mittels der sogenannten frei verfügbaren Quote, über seinen Nachlass verfügen.</p><p><br></p><p><strong>Was bleibt so wie es ist?</strong><br></p><p>Ein Erblasser kann weiterhin selbstbestimmt mit einer letztwilligen Verfügung seinen Nachlass regeln. Auf diese Weise kann er nebst den gesetzlichen Erben bspw. auch Organisationen oder nahestehende Dritte begünstigen.<span> </span></p><p>Der Pflichtteil des Ehegatten bleibt weiterhin bei ½ des gesetzlichen Erbanspruchs und entspricht somit ab 2023 dem Pflichtteil der Nachkommen, welcher neu ebenfalls ½ des gesetzlichen Erbanspruchs beträgt.</p><p><br></p><p><strong>Neuerung bei getrennten Ehegatten</strong></p><p>Bisher war der Ehegatte während einem Scheidungsverfahren noch immer erbberechtigt. Mit der Erbrechtsrevision wird dies angepasst und der überlebende Ehegatte verliert seinen Pflichtteilsanspruch bereits, wenn das Scheidungsverfahren eingeleitet wurde. Entsprechend kann ein Ehegatte nach dem Tod des Ehepartners während eines Scheidungsverfahrens keine Erbansprüche mehr erheben.</p><p><br></p><p><strong>Was, wenn die betreffende Person noch vor Ende Jahr 2022 verstirbt?</strong><br></p><p>Das neue Erbrecht tritt auf dem 1. Januar 2023 in Kraft und ist damit erst anwendbar, wenn die betreffende Person im neuen Jahr verstirbt. Es wird somit weiterhin, wie im Erbrecht üblich, auf den Todeszeitpunkt des Erblassers abgestellt. Im Jahr 2022 versterbende Personen unterstehen entsprechend noch dem bisherigen Recht.</p><p><br></p><p><strong>Welcher Handlungsbedarf besteht?</strong></p><p>Im Hinblick auf die Erbrechtsrevision empfiehlt es sich, bestehende Testamente und Erbverträge zu überprüfen und allenfalls anzupassen, um in vollem Umfang über die verfügbare Quote verfügen zu können und um Formulierungen anzupassen, welche dem neuen Erbrecht widersprechen.</p><p>Gerne stehen wir für eine Beratung zur Verfügung. www.mueller-legal.ch</p><p>(c) Natalie Buchter / Damian Mueller</p>